Vom Turm gefallen

Wie man hört, soll der Schriftsteller Uwe Tellkamp („Der Turm“) gewagt haben, bei einer Diskussion in Dresden „Positionen der AfD und der islam- und ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung“ zu vertreten und zu behaupten: „Die meisten (Flüchtlinge) fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent“ (SPON).

Woraufhin Tellkamps Verlag Suhrkamp Hals über Kopf (mein Gott, was muss das  für eine Aufregung gewesen sein?!)  eine „Distanzierung“ hinterzwitscherte: „Aus gegebenem Anlass: Die Haltung, die in Äußerungen von Autoren des Hauses zum Ausdruck kommt, ist nicht mit der des Verlags zu verwechseln“.  Nein natürlich nicht. Aber, Moment, Haltung?! Wovon distanziert sich Suhrkamp eigentlich? Von der Tatsache – die wäre ja evt. zu widerlegen – oder davon, dass Tellkamp eine Tatsache ausgesprochen hat – oder zumindest etwas, was er dafür hält? Nennt man das schon Haltung?

Mal sehen, wann das Aussprechen bloßer Tatsachen  bei uns zum Straftatbestand geworden ist.

Einstweilen begnügen sich unsere Medien mit dem in solchen Fällen angesagten Diffamierungsmobbing. SPON dichtet Tellkamp „rechte Äußerungen“ an und fragt mit scheinheiligem Augenaufschlag bzw.  lässt durch den Tweed eines angeblichen „Users“ ( vermutlich ein Double des Autors) fragen : „Will der Verlag trotzdem weiter Tellkamps Bücher verlegen?“ Wohl eine Warnung an Suhrkamp. Vorsicht, wir schreiben uns die Welt, wie sie uns gefällt. Wir können nicht nur Tellkamp, sondern auch Suhrkamp Nazi schreiben. Wir können jeden Nazi schreiben. Da die Angst vor politischer Inkorrektheit derzeit überall an deutschen Spießerseelen nagt, nehme ich an, dass das Signal bei Suhrkamp verstanden wurde. Für Tellkamp kann man nur hoffen, dass er die Tantiemen für seinen „Turm“ einschließlich Verfilmung gut angelegt hat. Und Selbstverlag ist ja inzwischen auch immer einfacher geworden.

 

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