Schluss mit lustig!

Klar, zur Zeit läuft es nicht gut für die CDU. Nach Jahren des Aufwärtstrends nun schon seit Monaten sinkende Umfragewerte, dazu hagelt es überall Kritik an Kanzlerin und Kanzlerinnenpartei. Vor allem in den sozialen Netzwerken. Zum Teil in unverschämtem, rüdem, ja vulgärem Ton.  Das muss sich ändern. Fraktions-Gouvernante Kauder (zur Erinnerung: „Jetzt auf einmal wird in Europa Deutsch gesprochen“) gibt mit starken Worten hier schon mal einen perspektivischen Ausblick auf die Netzpolitik in den nächsten Regierungsjahren (wenn sie denn kommen und die Bevölkerung den Herzenswunsch der Kanzlerin erfüllt, dem Land „zu dienen“): „Wenn das Netz weiter lügt, ist mit Freiheit Schluss.“ Kauder wäre nicht Kauder, wenn er nicht noch hinzufügte, dass Deutschland auch bei diesem Thema den anderen Ländern wieder einmal „vorangehen“ müsse.

Kauder und andere reden von Hass und Hetze, ohne deutlich zu machen, was genau sie darunter verstehen. Trotz gegenteiliger Beteuerung lässt man die Bedeutungsunterschiede zwischen Hass, Hetze  und (sehr scharf bzw. vulgär geäußerter) Kritik außer Acht (fast ebenso wie bei den Wörtern „Flüchtling“ und „Migrant“).  Das zeigt: in Wahrheit will man an die freie Meinungsäußerung (insofern sich diese gegen Regierung und Regierungspolitik richtet).  Denn Beleidigungen können jetzt schon angezeigt werden – und Vulgarität ist nicht nur nicht strafbar, sondern hat mitunter auch eine kathartische Funktion. Im Übrigen hätte der um zivile Umgangsformen bemühte Kauder in der Vergangenheit auch und gerade innerhalb seiner Fraktion genug Gelegenheit gehabt, erzieherisch zu wirken. Ich erinnere nur an Pofallas Worte im Streit mit Bosbach: „Du machst mit deiner Scheiße alle Leute verrückt“. „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“.

Was außerdem fehlt, ist die Reflexion über die Ursachen des „Hasses“. Der ist keine ansteckende Krankheit und kommt nicht aus dem Nichts. Er ist eine Reaktion. Wo bleibt die Besinnung auf die Verantwortung einer  Politik, die diesen „Hass“ verursacht hat, indem sie vergaß, die Bevölkerung „mitzunehmen“, d.h. zu kommunizieren, statt nach eigenem Gutdünken zu agieren? Wo bleibt die Selbstkritik?

Mit der allerorten laut werdenden Klage gewisser Politiker über Hass und Hetze im Netz verhält es sich ein wenig wie mit Ehemännern, die ihre familiäre Verantwortung vergessen haben und sich dann in aller Unschuld über die „hysterische“ Reaktion ihrer Ehefrauen wundern.

Bei Kauders Präsentation der Folterwerkzeuge, die irgendwann gegen die digitalen „Hetzer“ zum Einsatz kommen sollen, ist also nicht ganz klar, ob es ihm nur um die Form oder auch um den Inhalt der Kritik geht. Der Verdacht, dass Letzteres der Fall sein könnte, ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. Und auch, dass das ganze an sich völlig überflüssige Drohszenario nur dazu dient, den Bürger einzuschüchtern und jede Kritik im Keim zu ersticken, lässt sich nicht auszuschließen. Insofern erinnert das Ganze an längst vergangene, dunkle Zeiten. Damals wurde das Hören von „Feindsendern“ unter Strafe gestellt. Genützt haben aber weder die Warnungen des Propagandaministeriums noch die Meldungen über die harte Bestrafung sogenannter „Rundfunkverbrecher“. Die Nazis konnten machen, was sie wollten: Der Äther war frei – auch wenn sie sich etwas anderes gewünscht hätten. Gegen die langen, die mittleren und vor allem die kurzen Wellen kamen sie einfach nicht an. Im Hinblick auf das Netz wird es Kauder, Maas und Co nicht anders ergehen.

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