„Schlesischer Mohn“ – der Roman einer Arme-Leute-Familie

Eine Kritik vom „Freigeist Weimar“ Siegfried R. Krebs

WEIMAR. (fgw) Hermann Detering, promovierter Theologe, hat sich einen guten Namen als Autor profunder religionskritischer Bücher gemacht. Und nun liegt mit „Schlesischer Mohn“ ein Roman vor. Ein Roman über eine Arme-Leute-Familie, über seine eigene Familie.

Wie es dazu kam, das schildert Detering im „Vorspiel mit Mohnstriezla“. Sein Paten-Onkel Albert wollte es, daß er sich mit seiner Familie mütterlicherseits literarisch beschäftige. Und herauskommen sollte aber keine trockene Chronik wie die bisher verfaßten wissenschaftlichen Bücher, sondern eine Erzählung, ein richtiger Roman sogar. Detering lehnte dies Ansinnen zunächst ab: „’Einen Roman?! Lieber Gevatter, du verkennst den Unterschied. Einen Roman zu schreiben, ist etwas ganz anderes als ein Sachbuch. Dein Vertrauen in meine Fähigkeiten in Ehren, aber Schuster bleib‘ bei deinen Leisten.‘ Den Einwand, daß ich keinen Roman zuwege brächte wollte Albert nicht gelten lassen. Das sei dummes Zeug.“ (S. 14)

Nach der Lektüre des 600-Seiten-Buches kann und muß der Rezensent Alberts Vertrauen in das literarische Vermögen seines Neffen voll und ganz bestätigen. Er hat sich förmlich festgelesen, ist nicht nur beeindruckt von seiner literarischen Güte, sondern vor allem vom Inhalt. Denn Familien-Romane bzw. -Sagas gibt es zwar nicht wenige, doch deren Protagonisten sind zumeist Menschen aus den gehobenen Schichten. Die Geschichte einer Arme-Leute-Familie zu erzählen, das ist leider nur selten.

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Mahnen, warnen und Diskurs verbieten

Der „ZDF-Terrorismusexperte“ Elmar Theveßen hat es gestern Abend bei Lanz noch einmal ganz deutlich erklärt: Der perfide Plan der Islamisten, so Theveßen, bestehe darin, den Westen durch „Nadelstiche“ aufzumischen  und ihn auf diese Weise zu einem „Kampf der Kulturen“ anzustacheln. Die bis dato friedliche muslimische Minderheit solle ebenso wie die deutsche Bevölkerung radikalisiert und zum großen Endkampf um die islamische Weltherrschaft provoziert werden. Unsere Reaktion könne daher nur sein, den Islamisten nicht auf den Leim zu gehen.

Wie das im Einzelnen aussehen soll und welche Folgerungen daraus gezogen werden,  blieb in der Sendung unklar.  Aber der Zuschauer weiß, was gemeint ist: Ruhe bewahren, bloß keine falschen Signale senden, solche die von muslimischen Mitbürgern missverstanden werden könnten. Spontane Aufwallungen von Rachegefühlen und Vergeltungsgedanken, die sich beim Anblick des Blutes unschuldiger Opfer leicht einstellen, verbieten sich ohnehin von selbst, zumal unsere zivilisierte Gesellschaft solche archaischen Denkmuster schon lange überwunden haben sollte. Besonnenheit ist angesagt.

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Schlesischer Mohn

Seit mehr als 30 Jahren Beschäftigung mit Paulus, Jesus und theologischen Fragen hatte ich einmal das Bedürfnis, etwas ganz anderes zu tun, eine ganz andere Geschichte zu schreiben, die meines Großvaters Ernst-August, der 1942 als Kommunist in Auschwitz verstarb, und die seiner Familie, will also sagen meiner Familie mütterlicherseits. Höchste Zeit wurde es, denn die Zeitzeugen werden älter, einige sind bereits verstorben.

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Schluss mit lustig!

Klar, zur Zeit läuft es nicht gut für die CDU. Nach Jahren des Aufwärtstrends nun schon seit Monaten sinkende Umfragewerte, dazu hagelt es überall Kritik an Kanzlerin und Kanzlerinnenpartei. Vor allem in den sozialen Netzwerken. Zum Teil in unverschämtem, rüdem, ja vulgärem Ton.  Das muss sich ändern. Fraktions-Gouvernante Kauder (zur Erinnerung: „Jetzt auf einmal wird in Europa Deutsch gesprochen“) gibt mit starken Worten hier schon mal einen perspektivischen Ausblick auf die Netzpolitik in den nächsten Regierungsjahren (wenn sie denn kommen und die Bevölkerung den Herzenswunsch der Kanzlerin erfüllt, dem Land „zu dienen“): „Wenn das Netz weiter lügt, ist mit Freiheit Schluss.“ Kauder wäre nicht Kauder, wenn er nicht noch hinzufügte, dass Deutschland auch bei diesem Thema den anderen Ländern wieder einmal „vorangehen“ müsse.

Kauder und andere reden von Hass und Hetze, ohne deutlich zu machen, was genau sie darunter verstehen. Trotz gegenteiliger Beteuerung lässt man die Bedeutungsunterschiede zwischen Hass, Hetze  und (sehr scharf bzw. vulgär geäußerter) Kritik außer Acht (fast ebenso wie bei den Wörtern „Flüchtling“ und „Migrant“).  Das zeigt: in Wahrheit will man an die freie Meinungsäußerung (insofern sich diese gegen Regierung und Regierungspolitik richtet).  Denn Beleidigungen können jetzt schon angezeigt werden – und Vulgarität ist nicht nur nicht strafbar, sondern hat mitunter auch eine kathartische Funktion. Im Übrigen hätte der um zivile Umgangsformen bemühte Kauder in der Vergangenheit auch und gerade innerhalb seiner Fraktion genug Gelegenheit gehabt, erzieherisch zu wirken. Ich erinnere nur an Pofallas Worte im Streit mit Bosbach: „Du machst mit deiner Scheiße alle Leute verrückt“. „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“.

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Noch einmal: das Kreuz mit der Kante

Wegen meines Artikels „Bedford-Strohm, Marx und das Kreuz mit der klaren Kante“ auf der Achse des Guten wurde ich häufig  gefragt, wie ausgerechnet ich dazu komme, die beiden Kirchenmänner, die bei ihrem Jerusalem-Besuch mit Rücksicht auf ihre Gastgeber auf das Tragen des Kreuzes verzichtet hatten, zu kritisieren.

Nun, warum nicht?  In der BILD-Zeitung hatte der jüdische Historiker Michael Wolffsohn, der ebenfalls Kritik am Verhalten der beiden Kirchenrepräsentanten übte,  die „bange Frage“ gestellt: „Müssen wir Juden jetzt die letzten Verteidiger und Bewahrer des Christentums sein?“ Ich denke, dass ein christlicher Theologe und ehemaliger Pfarrer ebensoviel Recht hat, das Verhalten zu kritisieren, selbst dann, wenn er, wie ich, eine Position einnimmt, die vielen Kollegen wegen ihrer extremen historischen Skepsis als theologisch bedenklich erscheinen mag.

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Ja, isch kandidiere

Herr Obama Dich, er ist da! Weltmännisch lässig  federte der Messias heute die Gangway herab. Unten empfing ihn  huldvoll die Kanzlerin. Küsschen, Küsschen. Glanz von seinem Glanze. Licht von seinem Licht. – Weitere Hofberichterstattung über den Präsidenten in der Handvom Berliner Tagesspiegel. Am besten die Karikatur von Stuttmann: „Ach Angie, ich werde ich so vermissen, deine Stimme am Handy, deine Mails… ohne NSA ist das jetzt alles nicht mehr möglich.“

Aber man wird anerkennen müssen: das Ganze ist gut inszeniert und lässt eine gewisse Steigerung erkennen:

  1.  Am Anfang der Woche zur atmosphärischen Einstimmung das Röttgen-Interview: Merkel „absolut entschlossen und bereit, die liberale Weltordnung zu stärken“.
  2. Dann Besuch von Obama mit Mahnung an die Deutschen, Merkel wertzuschätzen (sozusagen Empfehlung von höchster Stelle, für all die Undankbaren, die vergessen haben, was Merkel für sie getan hat). Mit freundlicher Unterstützung des Wahlkampfhelfers aus den USA dürfen die auf Merkelkurs geeichten Medien jetzt titeln : „Wenn ich Deutscher wäre, wäre ich Merkel-Anhänger“ (Zeit Online) – „Wenn ich Deutscher wäre, wäre ich Merkel-Anhänger“ (Welt Online) – „Als Deutscher wäre ich Merkel-Anhänger“ (RP Online)  usw.
  3. Jetzt kann sich der Vorhang öffnen, alles ist bereit für die öffentliche Erklärung der Kanzlerin: „Ja, isch kandidiere!“
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Literaturnobelpreis 2016

Wie ich höre, hat Herr Dylan Wichtigeres zu tun, als den Literatur-Nobelpreis abzuholen. Vermutlich überschneidet sich der Termin mit seinem wöchentlichen Privatissimum beim Herrgott. Ich kann eine gewisse unchristliche Schadenfreude darüber nicht verhehlen, dass die Nobel-Juroren mit ihrer ach so kühnen (in Wahrheit nur dem populären Geschmack sich anbiedernden) Wahl gegen die Wand gefahren sind. Kommt davon, wenn sentimental gewordene ältere Herren dem Idol ihrer Jugend huldigen wollen und dabei vergessen, dass die Barden ihrer Jugendzeit in der Regel nicht nur einen schlechten Geschmack, sondern auch schlechte Manieren hatten – einige offenbar bis in ihr Alter.

Anbei eine Liste meiner Wunsch-KandidatInnen für den nächsten Literaturnobelpreis:

  1. Nena (99 Luftballons)
  2. Nicole (ein kleines bisschen Frieden)
  3. Wencke Myhre (braucht keinen langen Anreiseweg)

Evt. könnte auch Dieter Bohlen für sein Gesamtwerk ausgezeichnet werden. Ich bin sicher, der weiß wenigstens, was sich gehört.

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Bedford-Strohm, Marx und das Kreuz mit der klaren Kante

Nein, keine Fortsetzung des Films: „Stan und Olli im Heiligen Land“, sondern bittere Wahrheit.  Die BILD-Zeitung sprach von einer „Kirchen-Sensation“. Aus „Respekt“ gegenüber ihrem muslimischen Gastgeber hatten der katholische Kardinal Marx sowie der Vorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, Bedford-Strohm, beim Besuch des Tempelberges in Jerusalem auf das Tragen des Kreuzes verzichtet.

In medialen Zeiten, in denen ein „freundliches Gesicht“ mancherorts bereits als Ersatz für politische oder theologische Kompetenz gilt, ist es nicht ganz überflüssig,  auf die theologiegeschichtliche Tiefendimension dieses Vorgangs hinzuweisen und kurz zu beleuchten was es aus islamischer, aber auch aus christlicher Sicht damit auf sich hat.

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Dresdner Lektion

Wie man hört, zeigte sich Bundestagspräsident Lammert enttäuscht über den Verlauf der Einheitsfeier am vergangenen Montag. Er und andere Politiker bedauerten, dass die Feierlichkeiten von einigen Demonstranten missbraucht worden seien, um mit Rufen wie „Volksverräter”, „Haut ab”, „Merkel muss weg” und unflätigen Beschimpfungen ihren Unmut über die Regierenden zum Ausdruck zu bringen.

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„… weder freien, noch sich freien lassen“ – Antoinette de Bourignon, Jane Leade, Ann Lee und die Shaker

Geblieben sind vor allem die Möbel: schlichte trestle table oder worktable, mit den in Gussgabeln geführten Rollen, der salem rocker, Archetyp aller Schaukelstühle, gediegene Bettgestelle, die an der Wand entlanglaufende hölzerne Hakenleiste mit den wood pegs, dazu die praktischen oval boxes, Spanholzschachteln in allen Größen – alles  minimalistisch, asketisch karg, functional, unadorned and beautiful, fast wie eine Vorwegnahme des Bauhausstils, aber nicht so prosaisch, nicht ohne göttliche Poesie. Sie alle tragen das Gütesiegel: Shaker-made.

Aber das sind Möbel und das ist Form. Der Geist, der das Mobiliar einst beseelte und der spröden Form spirituellen Sinn gab, ist nicht mehr.  Er hat sich aus dieser Welt, die ihn nie mochte und die ihm nie gefiel, davon geschlichen. Tische, Stühle, Betten wurden gegen ihre einstige Bestimmung zu teuren Trend- und Luxusobjekten und stehen in den Schaufenstern exklusiver Möbelgeschäfte wie verwaist oder wie Propheten, deren Sprache niemand mehr versteht. Auf den Tischen stehen Delikatessen, für die sie nie entworfen wurden,  auf den Stühlen erholen sich Präsidenten zwischen ihren Kriegen, und in den Betten …

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